10 Jahre LeNa
Tiere bei LeNa 2
Zwei zwölfjährige Mädchen, Levke und Ida, äußerten den Wunsch, Anfang 2020. Bela, Luis und Wito wollten mitmachen. Nicht alle Erwachsenen waren begeistert. „Hühner? Ich hab‘ lange genug auf dem Dorf ge-lebt!“ Sie machen Dreck und Radau, brauchen viel Platz…Und wer trägt die Verantwortung?
Die Kinder stellten ihr Projekt ausführlich vor: Standort von Stall und Ge-hege, wer baut sie, wer sorgt 365 Tage im Jahr. Fachwissen über Hüh-nerhaltung, Wirtschaftsplan, Erwachsene als Paten … Am Ende bekamen die Kids grünes Licht. Wer dagegen war, enthielt sich. Auch das gehört zu dem bei uns geltenden Konsensprinzip: Etwas zulassen, was anderen wichtig ist.
Als die vier Junghühner ankamen, hatte gerade der Lockdown begonnen. Ein Glücksfall für alle! In den Wochen des Schocks und des Eingesperrt-seins waren die Hühner Abwechslung, Vergnügen und Trost. Die Kinder hatten unendlich viel Zeit, alles Nötige zu lernen, die Tiere zu beobachten, ihre Bedürfnisse zu erkennen. Alle Beteiligten mussten eine „Hühnerführ-erschein-Prüfung“ machen, was, wann morgens, mittags, abends getan werden muss, und wie. Damit die Hühner sich nicht langweilten, baute jemand eine kleine Wippe.
Es lief gut. Es blieb aufregend. Der Marder holte ein Huhn, eines wurde krank und starb. Mal fehlte Geld für Futter, der Eierverkauf brachte zu wenig ein. Vieles bewältigten die Kinder weitgehend autonom. Doch je älter sie wurden, desto mehr mussten Erwachsene einspringen. Mit vier-zehn, fünfzehn ändern sich die Interessen.
Inzwischen haben drei Familien die Verantwortung für die Hühner über-nommen. Die Eltern versorgen sie, die Kinder helfen mit. Die jüngste Hühnergeneration wurde im Inkubator ausgebrütet, hier bei uns. Aus den zutraulichen Küken sind selbstbewusste Hennen geworden. Sie haben die Herrschaft im Hühnerstall übernommen und büxen ständig aus, erobern unsere Beete und Terrassen.
Ist LeNa doch ein Dorf?
Autorin: Ulla
Nienke (9)
Als meine Schwester sich um die Hühner gekümmert hat, da habe ich einen Ausweis gekriegt. Es ist ein Helfer-Ausweis. Da war ich 4 Jahre alt. Nun kümmere ich mich selber um die Hühner. Ich nehme die Hühner gerne auf den Arm. Ich füttere sie gerne mit Mehlwürmern – dann fressen sie mir aus der Hand. Oft gehe ich nach der Schule zu den Hühnern und schaue, wie es ihnen geht. Ich rede dann mit ihnen. Auch bringe ich sie häufig ins Bett. Ich sage dann „gute Nacht“.
Julia (43)
Angefangen hatte es mit den Hühnern, weil sich Ida und Levke so sehr dafür interessiert haben. Das war schon stark, wie die das für das Plenum recherchiert und vorgetragen haben.
Für das Abholen der ersten Hühnergeneration habe ich noch schnell Masken genäht – es war ja Lockdown. Lange habe ich das Hühnerprojekt der Kinder nur aus der Entfernung beobachtet.
Nun – ein paar Jahre später – sind wir als Familie mehr involviert. Es fühlt sich gut an, die Verantwortung geteilt zu tragen. An den Tagen, an denen wir „Hühnerdienst“ haben, liegt ein Zettel auf dem Esstisch als Reminder. Wir fragen uns dann gegenseitig, ob die Hühner schon „geweckt“ wurden oder schon „ins Bett gebracht“ wurden.
Spannend finde ich es, wie unterschiedlich die Hühnerdamen so sind. Richtige Charakterköpfe. Da ist die etwas langsame, in sich ruhende Lot-te und die tollkühne, zugleich scheue Tilda. Die drei jüngeren Hühnermä-dels kann ich ehrlich gesagt nicht auseinanderhalten. Sie sind frech, freiheitsliebend und lassen sich streicheln. Der Versuch, die drei mit Nagel-lack an den Krallen zu markieren, scheiterte. Immerhin kann Nienke die drei unterscheiden.
Lebendige Nachbarschaft - LeNa
generationsübergreifend - gemeinschaftlich - selbstbestimmt