10 Jahre LeNa
LeNa wird älter
Die alten Hühner sind jetzt schon fünf Jahre alt, wie Lotte. Eins ist gestorben, kam einfach nach einem Ausflug nicht wieder, suchte sich ein grünes letztes Plätzchen.
Den Stall zu bauen und vier Hühner zu kaufen war eine Aktion, die die LeNa-Kinder kurz vor Corona im Frühjahr 2020 initiiert hatten. Diese inzwischen Jugendlichen, werden jetzt flügge und haben die Betreuung der Hühner abgegeben.
Wir älteren LeNas reisen auch nicht mehr so weit vom Stall weg, nicht mehr so abenteuerlich! Ich höre den Satz, „die Fahrt nach Sizilien habe ich zum letzten Mal so strapaziös per Bahn gemacht!“
Wenn wir heute die Fotos vom Einweihungsfest im Sommer 2015 anschauen, sind wir überrascht und gerührt. Wie schnell 10 Jahre vergangen sind!
So vieles verändert sich. Wir haben das Bedürfnis nach Verjüngung. Manche Arbeiten der Selbstverwaltung fallen schwer.
Erste Wohnungsrenovierungen und das Treppenhaus standen nach 10 Jahren in diesem Frühjahr an!
Sind auch unsere lieben Gewohnheiten, unsere Rituale in die Jahre gekommen? Wir haben jüngst beschlossen, das Plenum wieder mit einem „Zahnrad“ zu beginnen. Für alle eine Gelegenheit, sich über Persönliches auszutauschen und nicht nur im Orgakram zu versinken.
Als sehr nützlich hat sich für uns alle, jung wie alt, die Erstellung einer Notfallkarte erwiesen, die im Elektrokasten hinter der Eingangstür steckt und unter anderem für jede Wohnung bei LeNa einen selbstgewählten Paten, Patin ausweist.
Schon seit mehr als 7 Jahren haben wir im Winterhalbjahr immer wieder sonntagabends einen Gesprächskreis mit dem Thema „Älter werden bei LeNa“, der meist gut besucht ist. Zu Beginn war unser Interesse meist praktischer Natur, ein Austausch über Patienten- und Betreuungsverfügung, Vollmachten und Testamentsentwürfe.
Der Tod ist kein Tabuthema mehr. Wir sind sogar zusammen zum Friedwald nahe Barendorf gefahren und haben uns über diese Bestattungsform informiert. Eine Gruppe von zehn LeNas hat sich für einen Baum entschieden. Zu unserem großen Kummer hat unser Gründer und Ideengeber Uli als Erster unter diesem Baum 2024 seine letzte Ruhestätte gefunden.
Es gab auch eine Gruppe, die sich grundsätzlich über Pflege- und Unterstützungsmöglichkeiten schlau machte und vernetzte. Sie hat im Rahmen der Wandelwoche Veranstaltungen im Glockenhaus besucht und mitorganisiert.
Die Pflegesituation ist ein brennendes gesellschaftliches Thema. Eine LeNa-Gruppe hat sich intensiv mit einer alternativen Form – Wohnprojekt mit integrierter Wohnpflegegemeinschaft – beschäftigt. Vor Realisierung sind noch viele Hürden zu überwinden.
Die Frage: „Wie weit reicht unsere Unterstützungsmöglichkeit?“ hat uns sehr beschäftigt. Aber auch: „Wie kann ich selbst meine Bedürftigkeit äußern und bei Bedarf Absprachen mit Nachbar:innen treffen.“ Mit unserer ältesten LeNa-Mitbegründerin Jutta wurde uns schmerzlich klar, dass das beste Unterstützernetzwerk nicht alles auffangen kann. Sie hat sich für den Umzug in ein Heim hier in Lüneburg mit der Sicherheit einer 24-stündigen Betreuung entschieden. Sie fehlt uns sehr.
Im Mai 2022, nach Corona, werteten wir aus, inwiefern LeNa eine sorgende Gemeinschaft ist. Das Resümee war sehr positiv. Wir mussten aber auch selbstkritisch erkennen, dass Hilfe anzunehmen nicht leichtfällt, im Gegensatz zum Hilfe leisten.
Inzwischen haben wir verstanden, dass es wichtig ist, uns besser kennenzulernen. Je mehr wir vertrauter wir miteinander sind, desto unbefangener können wir um Hilfe bitten. In entspannter Runde, offen für alle Altersstufen, tauschten wir uns im Januar 2025 über „Aufwachsen mit Geschwistern“ aus.
Im Herbst 2025 steht in der Reihe „LeNa im Dialog“ das Thema „Angehörige und Demenz“ auf dem Programm. Wünsche für besondere Abende und Aktivitäten zum Thema Älterwerden gibt es viele.
Leben ist ein Prozess. Das Älterwerden führt das deutlich vor Augen. Wir beschäftigen uns kontinuierlich mit den Folgen für uns persönlich und für unser Projekt. Da gibt es viele offene Fragen, aber auch viele Ideen. Sich damit immer wieder auseinander zu setzen, bringt uns einander näher. Dafür sind wir dankbar.
Elisabeth
Im LeNa-Manifest heißt es: „Im Alter wollen wir solange wie möglich selbstbestimmt und aufgehoben im Projekt wohnen“.
Mein Mann Uli und ich mussten leider als erste bei LeNa erfahren, ob und wie dies möglich ist. „Sorgende Gemeinschaft“ – ein Thema, mit dem wir uns schon häufig beschäftigt hatten. Mir wurde im Laufe der Zeit, als es Uli zunehmend schlechter ging, klarer, was damit gemeint sein könnte.
Unser Leben änderte sich. Wie geht Pflege? Wie kann Uli trotz der vielen Einschränkungen (Alzheimer und Parkinson) Zugehörigkeit, Miteinander, Selbstbestimmung leben. Selbstfürsorge lernen.
Zu einigen LeNas gab es ganz nahe intensive Kontakte, andere etwas weiter entfernt und doch immer hilfreich, z.B. wenn Uli sich auf dem Grundstück, am Briefkasten oder im Keller nicht zurechtfand. Voller Freude kam er zurück, weil ihm geholfen wurde. Er sagte dann „ich weiß nicht mehr, wer es war, aber alle waren freundlich“. Und so entstand bei mir die Idee, eine Fotowand zu gestalten mit allen LeNas, groß und klein, „wer ist wer und wer wohnt wo“. Uli hat jeden Tag davorgestanden.
Er wurde einmal in der Woche abgeholt zum Spazierengehen. Ich konnte einen ganzen Nachmittag an einer Fortbildung teilnehmen. Uli wurde zu Hause betreut. Auch Chor und Physiotherapie übernahmen LeNas, wenn nötig. Die Trauerrede im Friedwald hat Kiene gehalten. Obwohl Uli zuletzt kaum noch jemand kannte, fühlte er Vertrautheit und Geborgenheit.
Diese großartige Unterstützung machte es möglich, dass Uli bis auf wenige Tage im Hospiz fast bis zum Ende seines Lebens zu Hause bleiben konnte. Bei mir bleibt Dankbarkeit. Ich glaube, das ist sorgende Gemeinschaft.
Gisela
Lebendige Nachbarschaft - LeNa
generationsübergreifend - gemeinschaftlich - selbstbestimmt